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Ziegelhalle; halb real; halb geplant © Festfotodesign

“BIM kann nur funktionieren, wenn alle Projektpartner zusammen­arbeiten”

Es heißt, dass BIM die Bauindustrie revolutionieren und digitalisieren wird. Aber was bedeutet das für die Stakeholder in einem Bauprozess? Wer profitiert von BIM? Erfahren Sie mehr darüber im Interview mit Karina Breitwieser, Forscherin und Beraterin an der TU Wien.

28.07.2021 7 min

Karina Breitwieser, Sie können uns sicher sagen, was die Digitalisierung für die Bauindustrie bedeutet.

Karina Breitwieser: Die Digitalisierung bringt für die Bauindustrie weitreichende Veränderungen, nicht nur durch neue Softwarelösungen, sondern auch durch neue Technologien: Dazu gehören zum Beispiel der 3D-Druck, der Einsatz von Robotern, Datenanalyse mittels künstlicher Intelligenz und M2M, also die Kommunikation von Maschine zu Maschine, sowie Drohnen, Laserscans und vieles mehr. All diese Werkzeuge werden auf Baustellen zunehmend eingesetzt.

Im Wesentlichen verlinken diese neuen Technologien die gebaute Realität mit der virtuellen Realität. Dadurch entstehen neue Anforderungen und Aufgaben, aber auch neue Möglichkeiten zur Verbesserung der Bauprozesse und des Betriebs des errichteten Objekts. Und dabei haben wir noch gar nicht von BIM gesprochen …

Was ist BIM und was bringt das für die Bauindustrie?

Karina Breitwieser: BIM bedeutet eine grundlegende Transformation der Bauindustrie. Im Zentrum steht das Building Information Model, aber im weiteren Sinn geht es um Building Information Management. Ein Kernaspekt von BIM ist das smarte 3D-Modell, das nicht nur aus grafischen Darstellungen und Visuals der Oberfläche besteht, aus Design - Objekten. Dieses Modell wird für jedes Stadium des Bauprozesses mit funktionalen Daten angereichert, sodass es zu einem „digitalen Zwilling“ des tatsächlich gebauten Objekts wird.

Um die Vorteile dieser Technologie voll nützen zu können, ist eine gut koordinierte Zusammenarbeit zwischen allen am Bauprozess Beteiligten erforderlich. Nur dann kann der Schatz der Effizienzsteigerung mittels BIM wirklich gehoben werden.

Screenshot eines BIM-Programms
Wie das Modell im Programm entsteht
© Built Environment, Wienerberger UK

Wer profitiert von BIM?  

Karina Breitwieser: Alle Projekt- und Industriepartner können von BIM und dem Prinzip der „single source of truth“ profitieren, denn dies bedeutet Effizienzgewinne, verbesserte Arbeitsabläufe und erhöhte Datenqualität, wodurch letztendlich die Gesamtkosten sinken.

BIM kann jedoch nur funktionieren, wenn alle Projektpartner auf der digitalen Schiene zusammenarbeiten; dies erfordert eine neue Art der Zusammenarbeit. Außerdem ist zu bedenken, dass es bei der erfolgreichen Umsetzung der Digitalisierung NICHT darum geht, bestehende Prozesse digital abzuwickeln, sondern Prozesse neu zu denken, wobei ein profundes Verständnis der Bedürfnisse und der potenziellen Lösungen in einer zunehmend digitalisierten Welt entscheidend ist.

Ein weiterer Aspekt ist das Informationsmanagement. Nicht alle Daten sind für alle Beteiligten in jedem Stadium des Bauprozesses relevant. Ohne intelligente Datenstruktur und wohlüberlegtes Datenmanagement kann es leicht zu einer Überflutung mit Daten kommen, und dann herrscht einfach Chaos. Unterschiedliche Stakeholder haben im Laufe des Bauprozesses unterschiedliche Aufgaben und Informationsbedürfnisse. Die Rollen der Beteiligten ändern sich nicht nur in der Planungsphase, sondern über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks.

Gebäude ist halb real; halb illustriert; ein Paar läuft darauf zu
Durch BIM können digitale Zwillinge von Gebäuden entstehen
© Built Environment, Wienerberger UK

Welches Marktpotential und welche Chancen bietet das für Wienerberger?

Karina Breitwieser: Das Marktpotential für Wienerberger ist enorm. Die Digitalisierung und BIM bieten die Chance für eine Ausweitung des Leistungsangebots und ermöglichen es dem Unternehmen, sich vermehrt auf integrierte und smarte Lösungen, Automatisierung und Vorfertigung zu konzentrieren. Dies schafft Mehrwert für den Kunden und spart Kosten und Ressourcen.

Wenn wir die Bedürfnisse der Kunden wirklich verstehen, ergibt sich Marktpotential über den gesamten Lebenszyklus des Bauwerks – von der ersten Planungsidee über die Wartung bis zum Recycling am Ende der Lebensdauer des Objekts. Digitale Instrumente und Services, insbesondere im Bereich des Informationsmanagements, gelten in zunehmendem Maße als wertvolle Güter auf dem Markt, im Gebäudesektor und im Bereich der Infrastruktur.

Die Digitalisierung kann auch eine Lösung für das Problem des Fachkräftemangels bieten, zum Beispiel durch Innovationen wie die Robotik. Oder digitale Services, wie sie Wienerberger schon heute in einigen Märkten anbietet: Ein Beispiel ist All4Roof, ein Service, das Dachdeckern das Leben wesentlich erleichtert.

Von der Zukunft zurück in die Gegenwart: Wie bewerten Sie den Fortschritt von Wienerberger im Bereich Digitalisierung im Branchen-Vergleich?

Karina Breitwieser: Wienerberger durchläuft einen unglaublichen Innovationsprozess und eine weitreichende Transformation, auch im Vergleich zu anderen internationalen Unternehmen des Sektors. Am meisten bewundere ich die Tatsache, dass sich die digitale Transformation von Wienerberger sowohl im globalen Kontext als auch in zahlreichen lokalen Aspekten vollzieht. So kann die Gruppe verschiedene Ansätze in einem regionalen, marktspezifischen Kontext erproben und daraus Lehren für andere Märkte ziehen.

BIM ist innerhalb der Wienerberger Gruppe schon weit verbreitet und die Erfolgsgeschichten werden in den kommenden Jahren sicher noch mehr werden.

Karina Breitwieser
Karina Breitwieser
© Elke Mayr

Karina Breitwieser

Karina Breitwieser schloss ihr Studium an der Technischen Universität Wien im Fach Konstruktiver Ingenieurbau ab und erwarb einen Master-Abschluss am Imperial College in London. Sie verfügt über dreißig Jahre Erfahrung im Projektmanagement in der Bauindustrie. Mit ihrer Expertise im Prozessmanagement hat sie digitale Lösungen im Planungs- und Bauprozess von High-Tech-Fassaden vorangetrieben. Derzeit arbeitet sie an der TU Wien in einer Forschungspartnerschaft mit Wienerberger zum Thema Digitalisierung; außerdem ist sie als Beraterin im Bereich Digitalisierung und Zusammenarbeit in der Bauindustrie tätig.

Die Forschungspartnerschaft zwischen bi.ibpm, der TU Wien und Wienerberger begann im April 2019 mit Ausrichtung auf Informationskonzepte für den digitalen Bauprozess. Karina Breitwieser unterstützt Wienerberger auch als Beraterin bei verschiedenen Aspekten von BIM und der Digitalisierung des Bauprozesses.

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