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Ein Roboterarm arbeitet an einer Produktionslinie von Pipelife, umgeben von Metallrohren, Förderbändern und Industrieanlagen. © wienerberger

Vom Sensor zur Entscheidung: Industrie 4.0 bei wienerberger

Wie Industrie 4.0 mit automatisierter Datensammlung, digitalen Zwillingen und vorausschauenden Analysen die Produktion bei wienerberger effizienter, zuverlässiger und nachhaltiger macht – und was das für unsere Kunden bedeutet.

04.07.2025 9 min

Das Werk soll reibungslos laufen, wie ein präzises Uhrwerk.“ Es ist ein klares Ziel, das Filipp Pühringer, Leiter des Fachbereichs Industry 4.0 bei wienerberger, mit seinem Team anvisiert. „Der Weg dorthin führt über unsere Digitalisierungsstrategie, die wir konsequent verfolgen. Dadurch verbessern wir nicht nur unsere Produktion – auch unsere Kunden profitieren.“ 

„Das Werk soll reibungslos laufen, wie ein präzises Uhrwerk.“

Filipp Pühringer

Filipp Pühringer

Head of Industry 4.0, Strategy & Applications

Ein komplexes Zusammenspiel

Was einfach klingt, ist ein hochkomplexes Unterfangen: Mehr als 200 Werke, über 500 Produktionslinien, Tausende Maschinen und Prozesse, die genau aufeinander abgestimmt werden müssen. Für einen reibungslosen Betrieb braucht es mehr als nur moderne Technik. Es braucht fundierte Daten, ein Verständnis über deren Zusammenhänge und vor allem die Bereitschaft, gewohnte Abläufe zu hinterfragen. Hier setzt die Digitalisierungsstrategie von wienerberger an.

Die drei Stufen der digitalen Transformation bei wienerberger

Die Digitalisierungsstrategie von wienerberger umfasst drei Ebenen:

  1. Digitize – Die Realität wird digital
    In einem ersten Schritt geht es darum, relevante Informationen aus unseren Produktionsstätten digital zu erfassen, z. B. durch Sensoren an den Anlagen. Die erfassten Daten werden in einer zentralen Cloud-Datenplattform gespeichert und strukturiert.
  2. Digitalize – Prozesse werden smarter
    Mit digitalen Technologien automatisieren wir Abläufe, decken unerwünschte Muster auf und schaffen Transparenz über alle Produktionsschritte hinweg. Beispiele dafür sind interaktive Reports oder unser Manufacturing Execution System (MES). Letzteres unterstützt dabei, Informationen strukturiert und standardisiert zu erfassen, den Produktionsplan grafisch darzustellen und kontextuelle Informationen zur Produktion zu liefern. Es ist somit eine Kombination aus digitalem Logbuch und Produktionsinformationssystem, das eine transparente Übersicht über den Fertigungsprozess in Echtzeit ermöglicht.
  3. Digitale Transformation – der allumfassende Wandel
    Hinter der Digitalisierungsstrategie steht letztlich das Ziel, fundierte Entscheidungen auf Basis verlässlicher und qualitativ hochwertiger Daten zu treffen und damit die Effizienz sowie die Qualität der Produkte zu steigern. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir die Digitalisierung fest in unseren Arbeitsalltag verankern und unsere Prozesse konsequent daran ausrichten. Dabei ist das simple Abbilden von „analogen“ Prozessen in einer digitalen Welt nicht genug. Die digitale Transformation bietet auch die Chance, eingefahrene Abläufe zu hinterfragen und neu zu denken. Das erfordert einen tiefgreifenden kulturellen Wandel, einen „Mindset-Shift“ in der gesamten Organisation. 
Roboterarm und digitaler Zwilling © Pipelife International

Automatisiertes Datensammeln und digitale Zwillinge

Am Anfang der digitalen Transformation bei wienerberger steht die sukzessive Erfassung aller relevanten Daten in der Produktion durch automatisiertes Data Gathering. Mittlerweile erfasst wienerberger in der zentralen Datenbank täglich 172.800.000 Datenpunkte von mehr als 500 Maschinen an über 50 Standorten – von Produktionsgeschwindigkeit über Maschinenauslastung, Temperatur und Druck bis zu produzierten Stückzahlen. Diese Daten werden in einer Cloud-Plattform gesammelt und bilden dort den „Digital Twin“ – ein virtuelles Abbild einer realen Maschine oder Produktionslinie in Echtzeit. Was früher unsichtbar abgelaufen ist, wird nun dank digitalem Zwilling sicht- und messbar. Mithilfe der virtuellen Nachbildung realer Objekte, Systeme und Prozesse erhält das Unternehmen tiefe Einblicke in die Produktionsabläufe und Maschinen und kann deren Performance in Echtzeit verfolgen. Das bildet die Basis für einen Verbesserungsprozess, um Leistung und mehr Effizienz zu steigern.

Vorteile des digitalen Zwillings

Der digitale Zwilling bringt wienerberger Vorteile auf mehreren Ebenen:

  • Abweichungen von der Planung, ungeplante Stillstände, zu hoher Ausschuss, Redundanzen oder erhöhter Ressourcenverbrauch werden sofort erkannt.
  • Dank der genauen und zeitnahen Daten kann zielgerichtet eingegriffen werden. Fehler können rasch behoben und Prozesse optimiert werden. Dadurch können wir einerseits unsere Produktionsgeschwindigkeit und Effizienz steigern und andererseits Materialeinsatz und Kosten reduzieren.
  • Der „digitale Laufpass“ der Produkte ermöglicht eine lückenlose Rückverfolgung über den gesamten Produktionsprozess.
schwarzes Plastikgranulat © wienerberger

Senkung des Ressourcenverbrauchs, Erhöhung der Zuverlässigkeit

Digitale Zwillinge sind bei wienerberger bereits seit 2020 im Einsatz – mit spürbarem Erfolg. Die Lösungsmarke Pipelife konnte durch den Einsatz von digitalen Zwillingen den Materialeinsatz reduzieren. Sensoren erkennen sofort, wenn ein Produkt zu schwer ist. Eine intuitive, grafische Darstellung ermöglicht ein rasches Eingreifen und eine gezielte Optimierung des Produktionsprozesses.

Auch bei der Ziegelproduktion kommen digitale Zwillinge zum Einsatz. „Über die Prozesssignale wissen wir genau, wie viel Gas bei der Produktion von einer Tonne Ziegel verbraucht wird. Mit diesen Ist-Daten trainieren wir dann Datenmodelle, die uns aufzeigen, über welche Parameter wir beispielsweise den Gasverbrauch senken können“, erklärt Filipp Pühringer.

Damit steigert die Digitalisierung nicht nur die Effizienz. Sie zahlt auch direkt auf die Nachhaltigkeitsziele von wienerberger ein.

Die Digitalisierung bietet jedoch nicht nur Vorteile für das Unternehmen. Auch die Kunden profitieren von einer höheren Zuverlässigkeit, der Vermeidung von Engpässen und vorhersehbaren Lieferterminen. Darüber hinaus erhalten sie Produkte mit geringerem CO2-Footprint – eine Eigenschaft, die im regulatorischen Umfeld der kommenden Jahre eine entscheidende Rolle spielen wird, unabhängig von einem positiven Beitrag zur Reduktion der globalen Emissionen. 

Frau in einer Fabrik bedient eine Maschine über einen Touchscreen Monitor © wienerberger

Effiziente Steuerung der Produktion

Ziel ist es, an allen Produktionsstandorten und für immer mehr Anwendungsbereiche relevante Daten zu erfassen – von Maschinenlaufzeiten, Verbrauchswerten und Bestelldaten über Rezepturen bis hin zu Informationen zur Arbeitssicherheit – und diese Daten in Management Reports zusammenzuführen. Somit lassen sich unsere Prozesse – von der Rohstoffbeschaffung über die Bestellung bis hin zur Lieferung – über ein Cockpit digital überwachen und steuern, um die Produktion effizienter zu gestalten. 

Mit Reports aus Daten lernen

Die gesammelten Daten sind nicht nur für den Moment wertvoll. Auf ihrer Basis werden schon heute automatisiert konsolidierte Reports erstellt, die neben Einblicken in momentane Produktionsabläufe auch Informationen über Abweichungen und Verbesserungspotenziale aufzeigen. Diese Reports dienen den Operational Excellence-Teams als wichtige Entscheidungsgrundlage und ermöglichen die Entwicklung fundierter Benchmarks. 

Bessere Entscheidungen auf Basis fundierter Daten

In naher Zukunft wird es möglich sein, mithilfe künstlicher Intelligenz und Advanced Data Analytics aus den gesammelten Daten präzise Prognosen abzuleiten. KI kann dabei entscheidende Korrelationen zwischen Prozessparametern, Leistungskennzahlen und dem ökologischen Fußabdruck erkennen und schafft so die Grundlage für datenbasierte Entscheidungen in Echtzeit. „Wir setzen auf Data Based Decision Making: Statt nur auf Veränderungen zu reagieren, wollen wir unsere Prozesse proaktiv und gezielt steuern, sodass wir beispielsweise unseren Energieverbrauch in der Produktion nachhaltig senken können“, erklärt Filipp Pühringer. 

„Wir setzen auf Data Based Decision Making: Statt nur auf Veränderungen zu reagieren, wollen wir unsere Prozesse proaktiv und gezielt steuern, sodass wir beispielsweise unseren Energieverbrauch in der Produktion nachhaltig senken können.“

Filipp Pühringer

Filipp Pühringer

Head of Industry 4.0, Strategy & Applications

Digitale Instandhaltung: Effizienz durch Voraussicht

Ein großes Potenzial der Digitalisierung liegt auch in der Instandhaltung der Produktionsanlagen. Das digitale Instandhaltungstool ermöglicht eine effiziente Planung von Maßnahmen und unterscheidet dabei drei Ansätze: Die korrektive Instandhaltung reagiert auf bereits eingetretene Defekte. Die präventive Instandhaltung erfolgt in regelmäßigen Intervallen, um Ausfälle zu verhindern, allerdings unabhängig vom tatsächlichen Zustand der Anlage. Die prädiktive Instandhaltung hingegen nutzt Sensordaten und Datenmodelle, um den Zustand der Anlagen in Echtzeit zu überwachen und frühzeitig mögliche Ausfälle vorherzusagen.

 „Die prädiktive Instandhaltung ist ein weiterer Hebel für mehr Effizienz und weniger ungeplante Stillstände. Sie reduziert unerwünschte Überraschungen im Produktionsablauf und verbessert letztendlich die Liefertreue gegenüber unseren Kunden noch weiter. Vorteile für die Produktionswerke sind unter anderem stressfreier Betrieb und reduzierter Ersatzteilaufwand – Ersatzteile kommen nur dort zum Einsatz, wo sie benötigt werden!“, so Filipp Pühringer.

Fabrikshalle, Mann bedient eine Maschine © wienerberger

Stammdatenpflege als Rückgrat der digitalen Produktion

Die digitale Transformation bei wienerberger beginnt und endet mit gepflegten Stammdaten. Sie sind das Fundament jeder datenbasierten Entscheidung – von der Produktionsplanung bis zur Lieferkettenoptimierung. Nur durch die kontinuierliche Pflege von Daten zu Material und Maschinen, wie Rezepturen, Produktionskapazitäten und -geschwindigkeit oder Angaben zu Recyclingquoten und Materialwiederbestellpunkte lassen sich Fehler vermeiden und Prozesse effizient steuern.

Veraltete oder fehlerhafte Stammdaten führen nicht nur zu Produktionsproblemen, sondern können Liefertermine und letztlich Kundenbeziehungen gefährden. Deshalb müssen Stammdaten als strategisches Asset verstanden werden – nicht als lästige Pflicht. Das erfordert klares Ownership und ein unternehmensweites Bewusstsein dafür, dass digitale Exzellenz nur mit verlässlichen Daten möglich ist.

Intelligente Lieferketten

Auch im Bereich Supply Chain Management spielt die Digitalisierung eine zunehmend zentrale Rolle. Bereits heute ermöglichen elektronische Datenschnittstellen (Electronic Data Interchange, EDI), dass Großkunden ihre Aufträge direkt in das SAP-System einbuchen können. Doch das ist erst der Anfang: wienerberger entwickelt seine Supply Chain Services künftig differenzierter – mit einem stärkeren Fokus auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden.

Ein Beispiel: Im Zuge einer zunehmend vernetzten und intelligent gesteuerten Produktion bewegt sich wienerberger gemeinsam mit einem Großkunden in Richtung eines Vendor-Managed-Stock-Modells. Dabei übernimmt wienerberger die Verantwortung für das Lagermanagement beim Kunden, steuert Nachschübe basierend auf definierten Mindest- und Höchstbeständen und sorgt so für eine spürbare Entlastung.

Automatisierte Fabrikhalle mit Roboterarmen, Augmented-Reality-Overlay, heller Industriehalle © tolem929/Adobe Stock

Blick in die Zukunft: Smarte Produkte mit digitalem Mehrwert

Industrie 4.0 umfasst bei wienerberger aber weit mehr als die Produktion. „Großes Potenzial liegt darin, die Datenerfassung auch in unsere Produkte zu integrieren“, erklärt Filipp Pühringer.

Mit der Gründung des Unternehmens Wioniq entwickelt wienerberger datengetriebene Lösungen für das Management und die Überwachung von Wasser- und Energieinfrastruktur sowie für die Optimierung des Gebäudebetriebs. Vernetzte Geräte erfassen alle entscheidenden Systemparameter, analysieren diese über eine Plattform, geben Handlungsempfehlungen und steuern Betriebsabläufe. Damit können Effizienz und Zuverlässigkeit gesteigert und Betriebskosten, Ressourcenverbrauch und Emissionen gesenkt werden.

Weitere Chancen in diesem Bereich ergeben sich durch die Übernahme des Dach- und Solaranbieters Terreal: „Solarmodule in Kombination mit ausreichend Speicherkapazität und intelligenter Steuerung könnten zukünftig aktiv zur Netzstabilität beitragen, indem sie erkennen, wann und wo wie viel Strom ins Netz eingespeist werden sollte. Somit wäre jeder Netzteilnehmer Energieproduzent, -händler und -verbraucher – ganz nach Netzlage und Lastprofil“, erzählt Filipp Pühringer.

Industrie 4.0 als Weichensteller für die Zukunft

Mit mehr als 200 Produktionsstandorten ist die Umsetzung von Industrie 4.0 bei wienerberger eine komplexe, aber strategisch entscheidende Aufgabe. Durch die gezielte Digitalisierung unserer Prozesse gestalten wir die Transformation Schritt für Schritt – mit dem Ziel, unsere Produktion smarter, effizienter und nachhaltiger zu machen. Bei all den technischen Herausforderungen steht der Mensch – Mitarbeiter, Kunden und Gesellschaft – weiterhin im Mittelpunkt unserer digitalen Transformation.

>> Erfahren Sie mehr über die digitale Transformation bei wienerberger in einem Interview mit Franz Lesiw, SVP Group IT & Digitalization.

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